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Fax raus, Zukunft rein

  • Autorenbild: Kai Schröder
    Kai Schröder
  • 10. Juni
  • 2 Min. Lesezeit
Faxgerät


Die Uhr tickt

Am 30. Juni endet für Deutschlands rund 30 000 ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen die analoge Schonfrist. Wer bis Mitternacht keinen Anschluss an die Telematikinfrastruktur (TI) nachweisen kann, kassiert ab 1. Juli Vergütungsabschläge – die genaue Quote verhandelt das Gesundheits­ministerium noch. Gesetzlich fix ist aber: Ab 1. Dezember 2026 darf ohne TI gar nichts mehr im Bereich SGB XI abgerechnet werden.



Das digitale Versprechen


TI – zwei Buchstaben für das Hoch­sicherheitsnetz des Gesundheits­wesens. Statt Fax-Rauschen transportiert der KIM-Dienst Rezepte, Pflege­verordnungen und Leistungs­nachweise verschlüsselt von der Arztpraxis zur Apotheke und weiter zur Krankenkasse. Einmal angebunden, liegt der Medikations­plan live auf dem Tablet, Rechnungen landen direkt in den Systemen der Kostenträger – ohne Umschlag, Porto oder Scan-Staub.

(Quelle: dmrz.de)



Der ernüchternde Zwischenstand


Trotz dieses Heilsversprechens steht die Branche kurz vor Schluss auf der Bremse:


  • SMC-B-Karten (Zugangsausweis zur TI) haben bislang knapp 12 000 Einrichtungen beantragt – nicht einmal ein Drittel.

  • KIM-Adressen wurden laut Verbandsumfrage gerade einmal 2 000 vergeben – das sind rund sechs Prozent. (Quelle: carevor9.debvitg.de)

Rechnet man hoch, müssen in den nächsten vier Wochen noch etwa 27 000 Pflege­dienste durchs komplette Antrags­verfahren – ein logistischer Marathon.



Warum hakt es?


„Wir warten, bis es Plug-and-Play gibt.“ 

– Heimleiterin eines mittelfränkischen Pflegedienstes


Fast 80 Prozent der befragten Einrichtungen nennen fehlende Schulungen, unklare Zuständigkeiten und IT-Frust als Hauptbremsen. Viele zweifeln zudem an der Verbindlichkeit des Stichtags – zu oft wurden Fristen in der Vergangenheit verschoben. (Quelle: bvitg.de)



Was wirklich auf dem Spiel steht


Noch erlaubt der Gesetzgeber eine Übergangs­phase: Bis Ende November 2026 dürfen Kassen ausnahmsweise Papier­rechnungen akzeptieren. Doch schon ab Juli 2025 drohen Stückelungen der Vergütung – intern wird über Abschläge von bis zu zwei Prozent diskutiert. Echte Planungssicherheit bietet nur der rechtzeitige Anschluss.



Fazit


Die Uhr tickt. Die TI ist weder Spielerei noch bürokratisches Liebhaberstück, sondern zwingende Voraussetzung, damit Pflegeleistungen überhaupt vergütet werden. Warum ein Großteil der Dienste den Anschluss trotzdem weiter verschleppt, bleibt unverständlich – und raubt der Branche jede Glaubwürdigkeit bei künftigen Digitalprojekten, die Zeit, Personal und Geld sparen würden. Es gibt schlicht keinen Zeitdruck seitens der Kostenträger, also wird vertagt, als ließe sich Effizienz verordnen wie Urlaubstage.


Wer heute den FAX-Stecker nicht zieht, riskiert nicht nur Vergütungsabschläge ab Juli 2025, sondern schiebt gleich das nächste Modernisierungs-Kapitel – vom eRezept bis zur KI-gestützten Tourenplanung – auf den Sankt-Nimmerleins-Tag.


Kurz: Wer jetzt nicht handelt, spielt mit dem eigenen Budget. Fax raus, Zukunft rein – spätestens bis zum 30. Juni.

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